Mittwoch, 23. Mai 2007

Der Organist aus dem Grabe (Eventprotokoll)

Wenn von dem alten Dome / die Geisterglocke schallt, / der Organist im Grabe, / die Faust zusammenballt.
Er reißt den schweren Deckel / von dem bestaubten Sarg, / der viele lange Jahre / den greisen Leichmann barg.
Er eilt im Geisterfluge, / es flattert sein Gewand, / das Tor zur Gotenkirche / sprengt seine Knochenhand.
Er steigt empor zur Orgel, / die er sich eínst gebaut; / der Sturmwind treibt die Bälge / und Donner werden laut.
Von acht gewalt'gen Glocken / er nun die Stränge zieht / und läutet längst Verstorbenen / ein Auferstehungslied.
Aus trübem Schattenreiche / kommt düster angeschwebt / die Schar gefallner Geister, / die einst mit ihm gelebt.
Zur grauenvollen Stunde / wird jeder Geist ein Ton / und klagt mit bangem Zagen / ob seinem Sündenlohn.
Der Orgler in die Tasten / greift nun mit Geisterkraft, / laut tönt der Chor der Seelen / nach langer Grabeshaft.
Und von den fernsten Sternen / hallt wider ihr Gesang. / Wie dünkt den armen Sündern / die Ewigkeit so lang!
Es zieht ein manch Register, / er rast auf dem Pedal, / er braust der Baß der Männer / Verzweiflung, Höllenqual.
Der kleinen Kinder Jammern / tönt wider im Diskant; / der Weiber banges Klagen / erbebt im Tremulant.
So tobt der Sang der Geister / bis Früh zum Hahnenschrei; / die Messe ist vorüber, / der Sturmwind zieht vorbei.
Die Taster werden Bahren, / drin birgt sich jeder Ton; / der bleiche Orgelmeister / schleicht sich zuletzt davon.
Alexander Graf von Württemberg
1801 - 1844

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